Unter diesem Motto stellen wir die Heimat der Kirgisen im Herzen Zentralasiens vor. Die in den Bergen des Tienschan lebenden Hochgebirgsnomaden haben unter den rauen klimatischen Bedingungen des Hochgebirges über Jahrhunderte eine ganz eigene, auf die Erhaltung des fragilen Gleichgewichts zwischen Natur und Mensch ausgerichtete Kultur entwickelt. Zentraler Aspekt der kirgisischen Lebensweise ist die nachhaltige Nutzung der natürlichen Resourcen. Und das sind zwischen den Siebentausendern eigentlich nur die die Herden der Viehzüchter: Hammel, Schafe, Pferde, Kamele, Yaks. Sie liefern die Nahrung, den Brennstoff – und sowie Leder und Filz, die für die Behausung, die Kleidung und den Haushalt genutzt werden und die über die uralten Wege der Seidenstrasse getauscht werden gegen Seide und Baumwolle aus dem benachbarten Usbekistan, aus China, aber auch aus Indien, dem Iran und der Türkei.
Heute macht den besonderen Reiz der kirgisischen Textilkunst die Verbindung von jahrhundertealte Kulturtechniken und modernem Design aus, die Symbiose von traditionellen Motiven der Volkskunst mit den Ideen der modernen Multimedia-Community.
Kirgisistan
Kirgisistan liegt in Zentralasien und gehört zu den Ländern, durch die die historische Seidenstrasse führt. Der gebirgige Binnenstaat mit einer Landesfläche von ca. 200.000 km² und etwa 5,5 Millionen Einwohnern liegt im Hochgebirge des Tienschan. Die Hauptstadt ist Bishkek. Die Viehzüchter leben im Winter in den Tälern. Sie ziehen im Frühling mit dem Vieh auf die Hochweiden in den Bergen und bauen dort ihren Jurten für den Sommer auf. Filz wird aus der hochwertigen Wolle von Schafen, Ziegen und Yaks hergestellt und ist ein wichtiger Ausgangsstoff für das alltägliche Leben.
Filz
Filz ist eine nicht gewebte Textilie, seine Herstellung ist vielleicht die älteste Textiltechnik der Welt. Sie spielt bei den Nomaden Zentralasiens immer noch eine zentrale Rolle. Wollfilz ist ein Walk- oder Pressfilz. Die gereinigte, gekämmte und bis zum Vlies aufbereitete und eventuell gefärbte Rohwolle von Schafen, Ziegen und Yaks wird durch Walken in einen festen Verbund gebracht. In Kombination mit warmem Wasser und Seife stellen sich die Schuppen in der obersten Schuppenschicht der Haare auf. Gleichzeitig durchgeführtes Walken bewirkt das ein gegenseitiges Durchdringen der einzelnen Fasern. Die aufgestellten Schuppen verkeilen sich so stark ineinander, dass sie nicht mehr zu lösen sind. Das Werkstück schrumpft dabei stark und es ergibt sich ein festes textiles Flächengebilde.
Shyrdak
Die traditionell aus Filz hergestellten handgenähten Teppiche aus Kirgisistan heißen Shyrdak. Ihre Motive werden seit Jahrhunderten von einer Generation zu nächsten weitergegeben. Die Ornamente sind grafische Abstraktionen der Natur der Bergsteppen: Blume, Steinbock, Vogel, sowohl wie die Sonne, den Mond und das gezackte Gebirge.
Bei der Herstellung von Shirdaks werden zwei verschiedene bunte oder auch naturfarbene Filzplatten aufeinander gestapellt und zusammengenäht.
Die symmetrischen Muster werden mit Kreide von den Ecken zur Mitte markiert. Mit der Hilfe von scharfen Messern werden die gemusterte Platten an den Markierungen entlang geschnitten. Esentstehen gespiegelte Muster (Positiv und Negativ) die nach dem Prinzip eines Puzzels zusammengenäht werden. Diese gespiegelte Symmetrie gibt den Shyrdaks ihren besonderen ornamentalen Reiz. Anschließend wird die „negativ/positiv“ Platte auf einer naturfarbenen Grundplatte zusammengenäht und mit einer gedrehten Schnur, dem „Jeek“, durchgesteppt.
Der so entstandene Shyrdak ist schall- und kältehemmend und schafft ein und angenehmes warmes Raumklima.
Chapan
Die traditionelle Bekleidung in Zentral-Asien ist der Chapan.
Dieses Wort ist verwand mit dem Begriff Kaftan. Dahinter verbirgt sich ein Mantel in klassischer T-Form, vorne offen und mit geradem Schnitt. Ein Chapan kann ohne Futter, leichtgefüttert oder mit Baumwolle/Wolle gefüttert und durchgesteppt sein. Schlitze werden auf den Unterseiten links und rechts eingesetz, um eine bessere Bewegung zu ermöglichen. Halsbänder, Säume und Ärmel waren traditionell mit einem schmalen Rand aus gewebten Band besetzt oder als Gewebekante beschnitten. Der Chapan wird auch links über rechts gewickelt und findet sich auch bei anderen alttürkischen Nomadenvölkern. In Usbekistan, Kirgisistan und Kasachstan wird auch heute noch besonders geachteten Gästen ein Chapan geschenkt.
Tumar
Amulette oder Talismane sind sind bei den Völker Zentralasiens als Tumare bekannt. Sie sollen Energie, Glück, Reichtum und Stärke bringen, können aber auch Schutz vor dem Einfluss schädlicher Geister geben und vor dem sogenannten bösen Blick schützen. In Kirgisistan gibt es verschiedene Arten von Amuletten, am häufigsten ist die eines Dreiecks. Wenn das Dreieck nach unten zeigt ist es Zeichen der weiblichen Aspekte der Natur. Im Innern eines Tumar wird ein Zauberspruch oder ein heiliges Symbol eingenäht, auf dem die Kraft des Talismans beruht.
Ak Kalpak
Kirgisistan ist ein Land der Berge, der Ak Kalpak ist ein Hut, der sowohl die schneebedeckten Berggipfel als auch die Leistungen eines Mannes symbolisiert. Es ist der wichtigste Bestandteil der kirgisischen Nationaltracht. Die hohe Kalpak wird traditionell vom Familienoberhaupt getragen. Der Ausdruck „lassen Sie den Ak Kalpak nicht vom Kopf fallen“ wird nenutzt, wenn Glückwünsche angebracht sind. Kalpaks werden durch das Vernähen von vier Filzkeilen hergestellt. Sie schützen vor Wind, Regen und Schnee. Sie werden zwar von Frauen produziert, aber ausschließlich von Männern verkauft. Die besseren Stücke sind mit schwarzem, blauen oder rotem Samt ausgeschlagen.
Chiy
Chiy sind Matten aus dem großen Steppenschilf, das unserem Reet ähnelt. Sie haben eine sowohl utilitaristischen als auch künstlerischen Wert und werden zur Verzierung der Jurte und insbesondere als leicht zusammenrollbarer innerer Vorhang vor der Jurtentür genutzt. Chiy-Matten säumen auch die innere kreisförmige Wand der kirgisischen Jurte. Das Chiy-Geflecht ist arbeitsintensiv und basiert auf einer komplexen Webtechnik. Basis ist ein Holzstab, der zwischen zwei Sätzen von gekreuzten Stöcken aufgehängt wird. Die Schilfstängel werden mit verschiedenfarbiger Wolle umwickelt, die Kettfäden aus Wolle sind mit Steinen beschwert. Der Arbeitsfortschritt ist langsam und mühsam. Einige Schilfstängel werden besonders umwickelt um die Matten haltbarer zu machen. Viele Matten sind eindrucksvoll mit in das Gewebe eingearbeiteten bunten Mustern verziert.
Ala-Kiyiz
Ala-kiyiz sind bunte Filzteppiche, deren Muster nicht wie beim Shyrdak als Filzapplikation entstehen, sondern die direkt mit farbiger loser Wolle in eine Filzunterlage eingewalkt werden. Sie haben traditionell große zentrale Muster, die jeweils durch eine schmale Grenze getrennt werden. Die zentralen Muster bestehen aus hornähnliche Locken (muyuz). Eine Vielzahl von Farben wird auf einem dunklen, meist schwarzen oder grauen Hintergrund verwendet. Ausgangspunkt für die Herstellung eines Ala-Kiyiz ist ein Chy, der zuerst mit einer dicken Schicht von loser Wolle – in der Regel von einer Farbe – bedeckt wird. Diese erste Schicht bildet den Hintergrund für die späteren Muster. Dann werden dicke Stränge aus farbigen Wollfasern als Muster aufgelegt. Der resultierende Matte aus lockerer Wolle kann mehrere Zentimeter dick sein. Sie wird dann mit einem Tuch abgedeckt und dann mit heißem Wasser besprüht und mit seife eingerieben. Durch Aufrollen der Schilfmatte wird die Wolle verdichtet und solange gewalkt, bis ein dichter Filz entsteht. Dazu wird die Wollschicht in Sackleinen gebunden und dann wieder und wieder mit Händen, Ellenbogen und Füßen gerollt und getreten. Wenn sich die Wollfasern verbunden haben wird der Wollteppich getrocknet. Dieser Vorgang wird mehrfach wiederholt. Auf Grund der durchgängigen Filztechnik und des Verzichts auf jegliche Nähte ist ein Aly Kiyiz nicht so robust wie ein Shyrdak. Die Grenzen zwischen den Mustern eines Aly Kiyiz sind fließend, ganz im Unterschied zu den strengen grafischen Konturen eines Shyrdak. Ganz erfahrene Meisterinnen sind mit dieser filigranen Technik sogar in der Lage, die feinen Abstufungen von Aquarellen oder Ölbildern in Filz nachzuschaffen.
Tush Kiyiz
Tush kiyiz zunächst hing in den meisten Jurten, was erklärt, warum es in den meisten Teilen Zentralasiens zu finden. Ursprünglich ein heiliges amulett, verlor sie diesen Sinn, unter Beibehaltung seiner rituellen und Gebrauchswert, aber auch seiner ursprünglichen Form. Tush kiyz wurden einst aus Filz, aber seit dem Ende des 19. Jahrhunderts wurden sie von Gewebe wie Samt Satin, auf dem Rüttler gelegt und ornamental bestickt wurden. Stickerei liegt am Rand eines ⨅ Form mit einem dreieckigen Talisman (Tumar) nach unten als Gesangs Punkt in der Mitte befindet sich getan. Alle tush kiyz vor den 1970er Jahren waren einzigartig. Normalerweise sind sie für Brautpaare an der Geburt eines Kindes getroffen wurden. Die Ornamentik spiegelt den besten Wünschen.
Kurak (caroq)
Kurak ist der Name für eine Art Patchwork, unter den zentralasiatischen Stammesgruppen beliebt verwendet. Es wird nicht nur komponiert Recyclingmaterialstücke in etwas funktional und ästhetisch ansprechend, sondern besaß auch mächtige schützende und vielversprechenden Eigenschaften. Stoff verwendet für einen besonderen Anlass oder aus einer angesehenen Person wurde oft verwendet. Und die komplizierte Muster von kleinen Stücken, vor allem Dreiecken zusammengesetzt, wurde angenommen, dass die bösen Geister zu verwirren und sie vertreiben. Eine Familie schläft unter Patchworkdecken und Vorhängen konnte ganz sicher vor dem bösen Blick zu spüren. Da kuraks wurden von Stoffen entlang der Seidenstraße gefunden hat ist es nicht ungewöhnlich, um Fragmente enthalten, die von so weit weg wie Seide aus China, Brokat aus Frankreich oder Baumwolle, Leinen oder Wolle Gewebe aus Europa kamen zu finden. Kuraks wurden von den Wänden der yurts und in Häusern suspendiert.
Kurak ist die heute geläufige Bezeichnung einer alten Patchworktechnik aus Zentralasien. Diese alte Patchworktechnik wurde traditionell entlang der alten Seidenhandelswege verwendet, wo man viele verschiedenartige Stoffe findet: Seide aus China, Ikats aus Indien, Brokate aus Frankreich und Baumwolle , Leinen oder Wolle aus Europa.
Jurten
Das traditionelle „Haus“ der nomadischen Kirgisen ist die Jurte. Der Rahmen besteht aus einer Türzarge und einer zweiflügelige Tür, einem Scherengitter als erweiterbarer Rundwand, den Stangen, die die Jurtendecke stützen und die auf das Scherengitter aufgebunden werden sowie einer Rundnabe aus gebogenem Holz (tunduk), die b die Spitzen der Stangen aufnimmt und ihre kreisförige Anordnung erzwingt. Dieser runde Struktur ist einfach zu montieren und auseinanderzunehmen und damit leicht zu transportieren – das ist extrem wichtig bei den vielen Weidewechseln im Sommer.