Den Ausschlag für das erste kirgisische Filmfestival in Berlin gab Matthias Maiwalds Besuch auf dem 4. europäischen Filmfestival in Bischkek. Dieses fand im vergangen Jahr statt. Dabei entstand der Kontakt zum kirgisischen „Cinema Development Fund“, der seither das Projekt von kirgisischer Seite aus unterstützt. 

Das Festival findet dieses Jahr genau 70 Jahre nach der Gründung der ersten Filmstudios in Frunze (heute Bischkek) statt. Nach der Gründung und dem Aufbau zog es in den 50ern und 60ern viele Regisseure aus Moskau und Sankt Petersburg in die kirgisischen Filmstudios. 

So entstanden eine Vielzahl von Spielfilmen, Dokumentationen, Buchverfilmungen (insbesondere von Tshingiz Aitmatov) und unzählige Kurzfilme.

Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1991 konnten auch sozialkritische Filme produziert und gezeigt werden. Der berühmteste Regisseur dieser Ära und bis heute ist Aktan Abdylkalykov, dessen Film „Adoptivsohn“ (org. „Beschkempir“) sogar für eine Oscarnominierung vorgeschlagen wurde.

Das Festival soll zeigen, wie die Menschen früher in Kirgisistan gelebt haben, was sie bewegt hat, was sie interessiert hat und wie sich die Umbrüche der letzten Jahre in den Kurzfilmen der jungen Regisseure widerspiegeln. Damit sollen einem europäischen Publikum die Kultur, die Lebensum-stände und die Interessen der Menschen in Zentralasien näher gebracht werden.

LOCATIONS
Fincan
Altenbraker Str. 26
12051 Berlin
www.fincan.eu

Laika
Emser Str. 131
12031 Berlin
www.laika-neukoelln.de

Das Programm zum downloaden: Programm.pdf.zip

PROGRAMM

Do 17.11.    21 Uhr    im Fincan

DER DIEB DES LICHTS   Свет аке    Eröffnungsfilm
Aktan Arym Kubat, Kirgistan/D/Fr/Nl 2010, DF, 80 min

 „Der Dieb des Lichts“ erzählt von dem Elektriker Svet-Ake, der überall nur „Herr Licht“ genannt wird. In dem kleinen Dorf in den Weiten Kirgizstans hat der vierfache Vater für alle ein offenes Ohr – für den Herzschmerz der Dorfbewohner, ihren Ehefrust und ihre Lebenslust, doch vor allem für ihre Stromrechnung. Kaum kann sich noch jemand das Licht im Dunkel leisten, denn die die Stromkosten in dem kleinen Dorf klettern in astronomische Höhen. Und so lässt Svet-Ake die Stromzähler der Nachbarn auch schon mal rückwärts laufen – bis er mit dem Gesetz in Konflikt gerät und seinen Elektriker-Posten verliert. Doch Herr Licht hält an einer kühnen Vision fest: Einen riesigen Windpark will er bauen, der das Dorf aus der Misere führen und für zukünftige Generationen lebenswert machen soll. Doch die Unabhängigkeit hat ihren Preis.

Nach dem mehrfach preisgekrönten „Beshkempir“, dem ersten Film des unabhängigen Kirgizstans, bringt Regisseur Aktan Arym Kubat erneut Licht und Luft der kirgisischen Landschaften zum Tanzen und erzählt eine so lebensmutige wie bewegende Geschichte, die in ihrer betörenden Bilderkraft und ihrem feinsinnigen Humor einzigartig ist. Ihm gelang das atmosphärische und authentische Portrait eines Landes im politischen Umbruch.

Text: Jona Armborst

Sa 19.11.    19:30 Uhr    im Fincan 

SEHNSUCHT NACH DJAMILA   Dshamilija     SpielfilmIrina Poplawskaja  SU 1969, DF, 81 min

 1958 veröffentlichte der junge kirgisische Student Dschingis Aitmatov eine Liebesgeschichte – und fand in dem berühmten französischen Romancier Luis Aragon einen begeisterten Übersetzer. Aragon sprach von der größten Liebesgeschichte aller Zeiten – und katapultierte den noch unbekannten Schriftsteller aus den Bergen des Tienschan damit in die Weltliteratur. Die Erzählung des jungen Kirgisen ist in jeder Hinsicht ungewöhnlich: die Handlung spielt am Rande der Welt, in einem Dorf in Zentralasien. Danijar, ein Invalide, zurückgekehrt aus dem viele tausend Kilometer entfernt tobenden Krieg, findet in der jungen Djamila einen Menschen, der ihn versteht. Und Djamila, die gegen ihren Willen verheiratet wurde und ihren Mann, der auch in den Krieg musste, nicht liebt, fasst eine tiefe Zuneigung zu Danijar. Beide brechen mit allen Konventionen – Djamila geht ihren Weg mit Danijar und nimmt dafür die Verstoßung durch ihre Familie und das ganze Dorf in Kauf. Was wie Treuebruch und Verrat aussehen könnte, erweist sich als mutige Entscheidung für die Suche nach Wahrheit und Glück. Mit dem 1969 nach Aitmatovs Drehbuch realisierten Film gelang der sowjetischen Regisseurin Irina Poplawskaja eine poetische Umsetzung der Erzählung in die Sprache der Bilder.

Sa 19.11.    21:30 Uhr    im Fincan

DER ERSTE LEHRER  Первый учитель   Spielfilm
Andrej Michalkow-Kontschalowski  SU 1966, DF, 76 min

 Der Film zeigt die ganze Härte des Lebens in den Bergen des Tienschan in den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts. Mit großem Enthusiasmus, aber auch unter großen Opfern brach die Sowjetmacht in das Leben der kirgisischen Nomaden ein. Die Kulturrevolution sprengte mit dem Kampf gegen das Analphabetentum und für die Gleichstellung der Frauen das traditionelle Gefüge des kirgisischen Ails. Hinter der Durchsetzung abstrakter Dekrete stehen die Schicksale einfacher Menschen, die sich positionieren müssen – für das Neue und gegen die Tradition, für ihre Liebe und gegen die Konvention da, wo sie dem Streben nach Menschlichkeit und Liebe im Wege steht.

So 20.11.   ab 20 Uhr  im Fincan   Kurzfilmreihe

EVERYTHING IS OK   Камсанабаныз     20 Uhr
Aktjol Bekbolotov   Kirgistan 2007, OmeU, 18 min

Everthing is OK erzählt die Geschichte einer Freundschaft zwischen zwei Straßenjungen in der Hauptstadt Bischkek, die in einer Tragödie endet.

THANK YOU   Спасибо    20:30 Uhr
Ruslan Akunov   Kirgistan 2010, OmeU, 20 min

Eine Geschichte über die grenzenlose Liebe und das harte und entbehrungsreiche Leben in der aufblühenden und aufstrebenden Großstadt Bischkek.

LETTER TO THE SANTA  Аяз атага кат    21 Uhr
Akjol Bekbolotov  Kirgistan 2010, OmeU, 17 min

 Die Geschichte eines kleinen Mädchens, das sich nichts sehnlicher wünscht als ein paar neue Schuhe. Kurz vor Weihnachten schreibt sie Santa ihren Weihnachtswunsch. Bis ihr Brief den Empfänger erreicht, passieren viele seltsame Dinge.

CIRCLES IN THE SAND  Круги на песке    21:30 Uhr
Naizabek Sydykow  Kirgistan 2010, OmeU, 16 min

 Ist eine kuriose und zum Lachen komische kurze Geschichte über die Freundschaft zweier kleiner Jungen, die ihren Sommer am Strand des Issyk Kul verbringen.

INCOMPLETE DREAMS  Неоконченные сны    22 Uhr
Tynchtyk Akimaliev  Kirgistan 2011, OmeU, 16 min

 In „Incomplete Dreams“ geht es um die Verarbeitung der revolutionären Umstürze. Ein schöner und expressionistischer Film.

 LIFE AND DEATH  Живой и мертвый    22:30 Uhr
Sanjar Abdyjaparov   Kirgistan 2010, OmeU, 9.40 min

 „Life And Death“, ist der einzige Horrorfilm in dieser Filmreihe. Einer junger Gerichtsmediziner muss seinen ersten Kampf mit einer Leiche bewältigen, aber wird das der letzte Kampf sein?

Mo 21.11.    19 Uhr    im Fincan

DER WEIßE DAMPFER   Белый Пароход    Spielfilm
Bolotbek Schamschijew  UdSSR 1971, DF, 102 min

 Die Novelle „Der Weiße Dampfer – oder das Ende des Märchens“ erschien in den sechziger Jahren.  In diesem Werk, das zu den Höhepunkten im Schaffen des kirgisischen Schriftstellers Tschingis Aitmatov gehört, geht es um das Leben im Kirgisien jener Zeit – voller Widersprüche, die so gar nicht in das offizielle ideologische Bild von der fortschrittlichsten aller Gesellschaften passen. Der Film zeigt in poetischen Bildern, wie Erwachsene versagen und Kinder verlassen werden. Er zeigt aber auch die Kraft, die einem Kind aus den Mythen seines Volkes erwachsen kann. Der Film verbindet die Legenden der Kirgisen mit der Schönheit der einmaligen Landschaft in eindrucksvollen Bildern und gehört damit zu den Klassikern der sowjetischen Filmkunst.

Mo 21.11.    21 Uhr    im Fincan

TENGRI  Das Blau des Hilmmels  Spielfilm
Marie Jaoul de Poncheville   Kirgistan/Fr/D 2008, OmeU, 98 min

 Dieser Film orientiert sich an Motiven der Novelle „Dschamilija“ von Tschingis Aitmatow, dem berühmten kirgisischen Schriftsteller. Aber er überträgt die Geschichte aus der fernen Zeit des Zweiten Weltkriegs in eine Gegenwart, die nun in Zentralasien von den Auswirkungen des Afgahnistan-Krieges geprägt wird: Der kasachische Fischer Timür und die junge, aber schon verheiratete kirgisische Nomadin Amira versuchen, ihrem alten Leben zu entfliehen. Während Amira vor ihrem Mann, der in Afghanistan gegen die Russen gekämpft hat, fliehen möchte, versucht Timür seine eigene Vergangenheit zu vergessen. Schließlich verlieben sich die beiden ineinander und müssen von nun an um ihr Leben fürchten. Ihre Flucht vor dem Ehemann von Amira und seinen Schergen treibt sie durch die traumhafte Bergwelt Kirgistans, durch Bergsteppen, einsame Täler und über schneebedeckte Berggipfel.  Der Film „Tengri“ war als Geburtstagsgeschenk für Tschingis Aitmatow gedacht, aber leider verstarb der Autor nur wenige Monate vor der Premiere.

Di  22.11.   20 Uhr   im Laika

EVERYTHING IS OK   КамсанабанызKurzfilm
Aktjol Bekbolotov   Kirgistan 2007, OmeU, 18 min

 „Everthing Is OK“ erzählt die Geschichte einer Freundschaft zwischen zwei Straßenjungen in der Hauptstadt Bischkek, die in einer Tragödie endet.

ALMAZ  Алмаз   Dokumentarfilm
Elnura Osmonalieva   Kirgistan 2009, OmeU, 53 min

 Eine Dokumentation über die unterschiedlichen Leben in Zentralasien und Europa. Erzählt anhand der Geschichte von „Almaz“, der aus ärmsten Verhältnissen kommt und eine schwere Familien-geschichte hat. Er bekommt die Chance Europa zu besuchen.

Mi  23.11.   20 Uhr  im Laika

THE EARRINGS   Серьги   Kurzfilm
Nargiza Mamatkulova   Kirgistan 2009, OmeU, 20 min

 Eine wunderschöne und doch traurige Liebesgeschichte eines Mädchens aus dem Süden des Landes, das zur einer jungen Frau heranwächst.

PURE COOLNESS  Боз салкын   Spielfilm
Ernest Abdyjaparov  Kirgistan 2007, OmeU, 96.21 min

 „Pure Coolness“ erzählt die Liebesgeschichte zweier junger Leute im heutigen Kirgistan. Dabei geht es auch um den Konflikt zwischen dem modernen Leben in der Stadt und dem traditionell geprägten Leben auf dem Land. Eine junge Frau reist mit ihrem Verlobten in ein Dorf und wird kurzerhand gegen ihren Willen mit einem neuen Mann verheiratet – ganz in der alten Tradition des „Brautraubs“. Sie wehrt sich, fügt sich mit der Zeit aber in die neue Situation und findet schließlich Gefallen an ihrem neuen Leben. Es wird humorvoll, aber auch mit eindringlichen Bildern von diesem eigentlich sehr frauenfeindlichen Brauch in Kirgistan erzählt.

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