Am Montag hatte die Friedrich-Ebert-Stiftung zum Vortrag „Die aktuelle politische und wirtschaftliche Lage in Kirgistan“ der Ex-Präsidentin der Kirgisischen Republik Rosa Otunbaewa eingeladen. Das Auditorium war bis auf den letzten Platz besetzt –

und das hatte mindestens zwei ganz besondere Gründe: Zum einen ist die Kirgisische Republik ein Sonderfall in der ganzen Zentralasiatischen Region: ein Land, in dem zweimal autoritäre Präsidenten durch Revolutionen gestürzt wurden, und das den Aufbau einer parlamentarischen Demokratie in der Verfassung festgeschrieben hat.

Zum anderen war die Vortragende selber ein entscheidender Akteur beider Revolutionen – im März 2005 als führender Vertreter der Opposition und wieder nach dem April 2010 als Oberhaupt der Provisorischen Regierung und Präsidentin der Übergangsperiode, die demokratische Wahlen garantierte und verfassungsmäßig ihre Macht nach den Wahlen an den neuen Präsidenten übergab – ein beispielloser Vorgang in einer von autoritären Regimen geprägten Region.

Rosa Otunbaewa begann ihren Vortrag mit einem kurzen Bericht über ihren politischen Weg, der viel von Ihren Überzeugungen und Zielen versändlich werden ließ: am Anfang stand ihre Dissertation über die Philisophie der Frankfurter Schule (ihre ausgezeichneten Deutsch-Kenntnisse waren ihr dabei bestimmt eine Hilfe), dann die Perestroika-Jahre im Kollegium des sowjetischen Aussenministeriums,

wo unter anderem auch die Frage des sowjetischen Abzugs aus Afghanistan Ende der achziger Jahre und die Position der UdSSR zur deutschen Wiedervereinigung verantwortlich ausgearbeitet wurden. Dann mit der Bildung der souveränen Kirgisischen Republik ihre Arbeit als Aussenministerin und Botschafterin, unter anderem in London und Washington, ihr Einsatz im Rahmen der UNO Mission bei der Beilegung des georgisch-abchasischen Konflikts, und schließlich ihre Rolle als wiederholte Führerin der Opposition gegen autokratische Tendenzen der Präsidenten Kyrgyzstans.

Dann gab sie einen Überblick über die erreichten Positionen und über die großen Schwierigkeiten bei der Festigung der parlamentarischen Demokratie. Sie sprach sehr offen die großen Probleme in der kulturellen und wirtschaftlichen Entwicklung und bei der Schaffung einer funktionierenden Gewaltenteilung an, warb aber auch um Verständnis und Unterstützung des gewählten Weges und für die Arbeit ihres Fonds zur Förderung von Kultur und Bildung.

In der anschließenden Diskussionsrunde, die von Rolf Mützenich, dem außenpolitischen Sprecher der SPD Fraktion und Mitglied des Auswärtigen Ausschusses des Deutschen Bundestages moderiert wurde, gab es von allen Seiten große Anerkennung und tiefe Hochachtung für die politische Arbeit von Rosa Otunbaewa. Zu den Themen, die ganz besonders hinterfragt wurden, gehörten: die geopolitische Situation Kyrgyzstans nach dem Abzug der Kampftruppen in Afghanistan (was nur wenige hundert Kilometer von der kirgisischen Grenze entfernt liegt), die Beziehungen zu China, Rußland und den USA, die Sicht auf die Eurasische Union und die Verhandlungen über den Beitritt zur Zollunion mit Rußland, Kasachstan und Weißrußland, die Einschätzung der Rolle des Islams und der Stellung der Frau in der kirgisischen Gesellschaft und die Besonderheiten des Nation Building in Kyrgyzstan.

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